Alle ehemaligen Schülerinnen und Schüler beziehen sich immer auf folgende 6 Fragen:
- Das Werner-von-Siemens-Gymnasium war für mich: …
- Nach der Schulzeit habe ich: …
- Mein beruflicher Alltag ist geprägt von: …
- Die Highlights in meinem Job sind: …
- Auch das gehört „leider“ zu meiner beruflichen Tätigkeit: …
- Mein Tipp für die Schulabgänger*innen lautet: …
Name: Jonathan Feurich
Beruf: Musikproduzent
Schulzeit: bis 2009
Kontaktmöglichkeit: jonathan@truva-music.com
1) … ein besonderer Ort geprägt von einer wirklich besonderen Zeit!
Ich habe mich in den Jahren seit meinem Abi zu unterschiedlichen Zeiten nicht nur mit meinem sehr engen und nach wie vor bestehenden WVS Freundeskreis darüber unterhalten, ob man nochmal zurückgehen würde und wie man die Zeit wahrgenommen hat. Für mich war es eine wirklich großartige Zeit, wo man im Rückblick relativ wenig um die Ohren hatte und man jeden Tag seine besten Freunde gesehen hat. Perfekt. Also ich würde ohne zu zucken mal wieder ein Jahr auf der Siemens verbringen! Sicher ist das vor allen Dingen mein persönlicher (!) Eindruck und damit auch stark gebunden an meine Erfahrungen während der Schulzeit, aber eins kann ich gern vorweg nehmen: das Leben wird mit den Jahren echt nicht einfacher 🙂
Meine Eltern haben mir das während der Schulzeit oft gepredigt, aber so wirklich verstanden habe ich das erst mit Beginn des Berufslebens.
2) … artig bis Mitte 2010 meinen Zivildienst beim WerkHof Zehlendorf e.V. abgeleistet, um danach ein 6 monatiges Praktikum in einem Musikstudio zu machen, da dies Voraussetzung für die Bewerbung zum Tonmeister Studiengang an der HFF Potsdam war. Aus den 6 Monaten Praktikum beim Studio des Filmorchesters Babelsberg, wo der Schwerpunkt auf der Produktion von Filmmusik liegt, wurde dann zum 01.01.2011 eine Selbständigkeit als Toningenieur und Musikproduzent mit einem ,,festen freien’’ Arbeitsverhältnis beim Filmorchester bis Anfang 2015. Von 2013 bis 2015 hatte ich zusätzlich ein eigenes Musikstudio im Funkhaus Berlin in der Nalepastraße. Seit 2015 habe ich mein Produktionsstudio am Schlachtensee und bin Teil von Truva Music. Ihr lest richtig, ich habe also (doch) nicht studiert, sondern einfach direkt gearbeitet!
3) … viel Arbeit am Computerbildschirm. Die glorreichen Tage der endlos langen analogen Studiomischpulte sind weitestgehend gezählt, deshalb ist das wichtigste Werkzeug im Leben eines Musikproduzenten heutzutage nach den Lautsprechern wohl der Laptop oder der Studiorechner in dem komplett digital produziert wird. Da mein Fokus auf der Aufnahme und Postproduktion von Filmmusik liegt, sitze ich also meistens von 09.00 – 19.00 Uhr recht konzentriert vor dem Bildschirm und meinen Lautsprechern. Pausen versuche ich zwischendurch bei Datenexporten oder automatisierten Prozessen zu machen. Die Mittagspause ist leider allzu oft ein kurzer Spaziergang zum Bäcker, um dann im Studio sitzend zu telefonieren oder Emails zu schreiben.
4) … die Arbeit mit wirklich tollen, äußerst kreativen Komponisten und Musikschaffenden. Ich nehme teilweise sehr große Orchester mit 60-70 Personen auf und erledige die Endfertigung der Soundtracks zu sehr großen deutschen Kinofilmen. Das inspiriert natürlich sehr und ist trotz der Routine etwas sehr besonderes. Meine zwei Partner aus München, Timothy Auld und Benedikt Schöller, sind auf Popmusik spezialisiert und so kommen dann während des Jahres auch Gelegenheiten in der guten alten Popwelt mitzumischen und für die Arbeit zu reisen. Mir wird zum Glück nicht so schnell langweilig!
5) … Durch die digitale Arbeitsweise und v.a. immer schnelleren Internetleitungen gibt es den ganz klaren Trend in der Filmmusikproduktion, dass viel ,,remote’’ gearbeitet wird und sich die Produktionszeiträume aufgrund dessen stark verkürzen und intensivieren. In der Popwelt ist das oft noch ein bißchen anders, weil es viel um Kollaboration und gemeinsames produzieren geht, aber in der Filmmusik ist es ein sehr geradliniger Prozess bis zur Fertigstellung, der oft bedingt, dass ich viel Zeit alleine arbeite. Der Komponist ist dann meist in seinem Studio bis zur letzten Minute noch dabei die Abspannmusik zu finalisieren oder bei der Verfolgungsjagd II noch eine Änderung des Regisseurs zu erledigen, sodass man sich eigentlich erst nach Abgabe wirklich in Ruhe zu Gesicht bekommt. Wie auch die Tage besagter Studiomischpulte, ist also die Teamarbeit und das gemeinsame Produzieren hier stark im Wandel. Obendrein ist man als Selbständiger natürlich auch eine kleine Firma und muss Steuerklärungen, -vorauszahlungen, Finanzierungen, Akquise neuer Aufträge, usw. erledigen. Das ist natürlich gerade in den ersten Jahren ziemlich gewöhnungsbedürftig und kräftezehrend.
6) … findet so schnell es geht heraus, was Euch glücklich macht. Ihr verlasst mittlerweile die Schule in einem so jungen Alter, dass es aus meiner Sicht nicht schadet sich 2-3 Jahre im Angesicht der vielen Möglichkeiten komplett auszuprobieren, Praktika zu machen und festzustellen, was einem Freude macht und sich am wenigsten nach Arbeit anfühlt. Influencer anyone? Im Bereich des Möglichen. Youtube Karriere als Gamer? Schwierig, aber nicht unrealistisch. Es sind verrückte Zeiten. Die Welt hat sich seit meinem Abi sehr stark geändert und meine damalige Entscheidung nicht zu studieren, sondern direkt zu arbeiten wäre heute noch schneller getroffen als damals. Für mich – wirklich ganz persönlich! – ist Erfolg glücklich zu sein mit dem was man jeden Tag tut. Das Wichtigste ist also aktiv – ja, aktiv Leute – herauszufinden was das ist und dazu habt ihr nach der Schule mehr Zeit als je zuvor.
Als nächste Kandidatin möchte ich gerne die wohl beste PW-Sitznachbarin Annabella Stieren nominieren!
Bella war schon immer ein außergewöhnlicher, aufrichtiger und wirklich guter Mensch, der sich immer für die richtige Sache eingesetzt hat.
Wir haben leider kaum noch Kontakt, allerdings weiss ich, dass sie als Dokumentarfilmerin und Journalistin bei Springroll Media unterwegs ist.